ANDERNACH: Bei Rasselstein in Andernach bahnt sich eine neue Phase der Kurzarbeit an. Die Auftragslage stagniert. Die Rohstoffpreise steigen. Deshalb forderte der Betriebsrat der Rasselstein GmbH die Bundestagsabgeordnete Andrea Nahles bei einem Besuch auf, sich dafür einzusetzen, dass die jetzige und unter Olaf Scholz entwickelte Kurzarbeiter-Regelung, die zum 31.03.2012 ausläuft, erhalten bleibt. „Sie gibt sowohl den Betriebsparteien als auch den Menschen in den Betrieben größeren Handlungsspielraum und in Summe auch mehr Sicherheit für alle“, argumentierte Wilfried Stenz und sagte dazu: „Aus der Phase der letzten Krise müssten doch alle Verantwortlichen gelernt haben, dass genau diese Art, die Kurzarbeit zu praktizieren das absolute Erfolgsmodell war, um aus der Krise heraus in Vollbeschäftigung zu fahren! Ein Rückfall in alte Mechanismen könnte für viele Betriebe das Aus bedeuten.“
Im Kern geht es u.a. um folgende Sonderregelungen im SGB II, die gesetzlich bis zum 31. März 2012 befristet wurden. Danach kann Kurzarbeitergeld auch gezahlt werden, wenn weniger als ein Drittel der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von mehr als zehn Prozent betroffen ist. Nach dem Auslaufen der Sonderregelung will Ursula von der Leyen wieder die alte Regelung aktivieren, nach der ein Drittel der Beschäftigten betroffen sein müssen, bevor Kurzarbeitergeld beantragt werden kann. Zudem setzte die Scholz-Regelung die Voraussetzung außer Kraft, dass vor dem Bezug von Kurzarbeitergeld Minusstunden einzubringen waren. Damit wurde verhindert, dass sich kollektivrechtliche Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung (Arbeitszeitreduzierungen) negativ auf die Bemessung des Kurzarbeitergeldes auswirkten. Die Bemessung des Kurzarbeitergeldes richtete sich seit Scholz nach dem Arbeitsentgelt, das die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ohne die Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung verdient hätte.
Andrea Nahles fürchtet, dass Ursula von der Leyen das Gesetz einfach auslaufen und damit die Sonderregelungen entfallen. Sie sagte dazu: „Aus unserer Sicht ist es notwendig, eine gesetzliche Verordnungsermächtigung zu erhalten, mit der im Falle einer erneuten Krise das „Kurzarbeitergeld plus“ kurzfristig wieder aktiviert werden kann, ohne hierfür erneut ein Gesetzgebungsverfahren einleiten zu müssen, das zeitaufwändig ist. Mit dieser Bitte weiß ich mich auch mit den deutschen Gewerkschaften einig.“
Andrea Nahles versteht die Sorgen der Beschäftigten bei Rasselstein. Immerhin haben nicht nur die 2380 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Regelung profitiert, sondern auch die Arbeitgeber. Nach dem Konzept des SPD-Arbeitsministers Olaf Scholz werden den Arbeitgebern 50 Prozent der von ihnen allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge erstattet. Nutzt ein Arbeitgeber die Kurzarbeitsphase für die Weiterbildung seiner Beschäftigten werden ihm die vollen Sozialversicherungsbeiträge erstattet, wenn der Arbeitnehmer während mindestens der Hälfte der ausgefallenen Arbeitszeit qualifiziert wurde.
Auch der Bürokratie ging es mit der Regelung an den Kragen. Das bedeutete die volle Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge, die auf die Stunden der Kurzarbeit entfallen, ab dem siebten Kalendermonat des Bezugs und eine schnelle und unbürokratische Erstattung, die bereits beim Antrag auf Kurzarbeitergeld in pauschalierter Form berechnet und dann ausgezahlt wurde.
„Die SPD-Bundestagsfraktion hat mehrfach im Deutschen Bundestag beantragt, diese Sonderregelungen zu entfristen“ erklärt Nahles und weist auf einen entsprechenden Antrag vom 29.06.2010 hin. der von der Koalition abgelehnt wurde. Zu einem erneuten Antrag vom 26.10.2011 hat sich Ursula von der Leyen bisher nicht geäußert“, bedauerte Nahles.
Was sie sich wünscht ist „ein Gesetz, das so gefasst ist, dass die Sonderregelungen zum erleichterten Bezug von Kurzarbeitergeld als dauerhaftes Instrument der Arbeitsmarktpolitik so zur Verfügung stehen, und dass durch die Bundesregierung per Rechtsverordnung bei Bedarf kurzfristig in Kraft gesetzt werden könnte.“